Selbstverständnis

Grundlage unseres Miteinanders ist der lebendige Austausch über unsere Ideale und unsere sozialen Realitäten, und der gemeinsame Versuch, kritisch, konstruktiv und wohlwollend miteinander umzugehen. Wir überprüfen sowohl unsere gemeinsame Praxis als auch die gemeinsamen Inhalte regelmäßig auf ihre Aktualität, Sinnhaftigkeit und Angemessenheit.

Von unseren Mitkommunard*innen wünschen wir uns Interesse, Initiative und Engagement – nicht nur in der alltäglichen Praxis in der Villa Locomuna, sondern auch in die gesellschaftlichen Verhältnisse hinein. Die Einmischungen dürfen und sollen bunt und vielfältig sein; wir wollen in dieser Gesellschaft nicht nur beobachtend am Rande stehen, sondern uns für zufriedenstellende Lebensverhältnisse im Kleinen wie im Großen einsetzen. Dies kann auf politischer, sozialer wie auf kultureller Ebene geschehen. Dafür wollen wir uns Raum und eine gemeinsame Basis schaffen.

Kommunard*innen in der Villa Locomuna (Dezember 2018)

Mit unserer bewusst gewählten Lebensweise wollen wir andere Menschen ermutigen und darin unterstützen, ihre Lebensverhältnisse so zu verändern, dass sie langfristig zu einem Mehr an Qualität, Freude und sozialer Sicherheit durch solidarisches Miteinander führen. Wir wollen mit Menschen zusammenleben, die ein Leben in Gemeinschaft als Chance begreifen.

Das bedeutet:

  • Sich den anderen gegenüber um eine grundsätzlich wohlwollende, zugewandte Haltung zu bemühen und von einer ebensolchen Haltung der anderen auszugehen
  • bereit zu sein, sich in einer Haltung gegenseitigen Respekts über Themen aller Lebensbereiche auszutauschen und sich mit den verschiedenen Standpunkten auseinanderzusetzen
  • die anderen an den eigenen Prozessen teilhaben zu lassen
  • bereit zu sein, Kritik zu formulieren, sie anzuhören und sie zu prüfen
  • die anderen an eigenen inneren Entwicklungsprozessen und Alltäglichem teilhaben zu lassen
  • den anderen Aufmerksamkeit für diese Prozesse zu schenken und sie darin zu begleiten und zu unterstützen
  • aktiv für die eigene soziale Eingebundenheit in die Gemeinschaft Sorge zu tragen

Dies sind Bestandteile unserer sozialen Utopie – sie sollen nicht zur Be- oder Verurteilung untereinander dienen.

Wir halten es für notwendig, dass die hier lebenden Menschen für das Gemeinschaftsprojekt “Villa Locomuna” Verantwortung übernehmen und sich für die gemeinsame Lebensqualität einsetzen.

Das beinhaltet:

  • gemeinsame ökonomische Verantwortung und Vermögensverwaltung in der Genossenschaft „Gemeinsam Leben e.G.“
  • Bereitschaft zur Teilnahme an der Wirtschaftsgemeinschaft (gemeinsame Alltags- und Vermögensökonomie)
  • verbindliche und aktive Teilnahme am Plenum
  • Konsens als Prozess und Methode unserer gemeinsamen Entscheidungsfindung
  • verbindliche und aktive Teilnahme am sozialen Austausch (Sozialplenum)
  • verbindliche und aktive Teilnahme an Intensivzeiten
  • Bereitschaft, für die sozialen Vorgänge Verantwortung zu übernehmen (Vorbereitung, Leitungsaufgaben, Mediation, Moderation etc.)
  • Verantwortung für den Alltag (Kochen, sowie Putzen, Instandhaltung und Verwaltung in Form von Patenschaften).

Wenn aufgrund der persönlichen Lebenssituation und individuellen Rahmenbedingungen Einzelne dies nicht leisten können, bemühen wir uns um gemeinsam getragene Lösungen.

Die Umsetzung unserer Utopie einer ökologisch nachhaltigen Lebensweise wollen wir stetig weiter ausbauen. Als Stadtkommune ist eine Selbstversorgung nur punktuell umsetzbar. Wir konzentrieren uns daher darauf, Netzwerke aufzubauen und bereits bestehende zu nutzen.

Damit meinen wir vor allem:

  • einen verantwortungsbewussten Umgang mit Rohstoffen und Energie, insbesondere in den Bereichen Wohnen und Verkehr
  • die Bevorzugung von Produkten aus ökologischem Landbau sowie regionaler Herstellung, fairem Handel und sozialverträglichen Produktionsbedingungen und
  • Bezug unserer Lebensmittel aus der solidarischen Landwirtschaft, sowie das Mitwirken an weiteren solidarökonomischen Ideen und Projekten, die sich nicht den Zwängen des Marktes unterwerfen
    eine kritische Reflexion des individuellen und des gemeinsamen Konsums

Wir wollen ein Gegengewicht bilden zu einem System, das Menschen voneinander isoliert und prekäre Verhältnisse individualisiert.

Das bedeutet:

  • einen Raum frei von Machtverhältnissen und Diskriminierung zu schaffen, in dem alle mit ihren selbstbestimmten Identitäten einen Platz finden können
  • sich innerhalb der Gemeinschaft in der persönlichen Entwicklung respektvoll zu unterstützen und dabei die kritische Auseinandersetzung als konstruktive Bereicherung wahrzunehmen
  • die Bedingungen und Zwänge von Erwerbsarbeit gemeinsam zu reflektieren und offen für neue berufliche Perspektiven oder alternative Tätigkeiten zu sein – auf der Basis der gemeinsamen Ökonomie und damit verbundener Erfordernisse
  • traditionelle Geschlechterkonzepte und eigene Beziehungen im Kontext der gesellschaftlichen Vorstellungen zu reflektieren
    ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Kinder entsprechend ihrer Neigungen und Geschwindigkeiten entwickeln können

Wir streben an:

  • uns in Kommunikationsfähigkeit und sozialer Kompetenz kontinuierlich fortzubilden (z.B. Gewaltfreie Kommunikation, Konsens, Radikale Therapie)
  • uns weiterhin mit anderen Menschen und Gruppen auszutauschen und zu vernetzen, die sich für gemeinschaftliche Lebensformen einsetzen
  • Gründung, Aufbau und Entwicklung ebensolcher neuen Gruppen zu unterstützen

Stand: Mai 2015